Corona-Testangebotspflicht des Arbeitsgebers
Bei der sog. „Testpflicht für Arbeitgeber“ geht es nicht um eine Pflicht, Coronatests in der Belegschaft tatsächlich durchzuführen, sondern vielmehr darum, Coronatests lediglich anzubieten. Diese Notwendigkeit von Testangeboten für die Belegschaft wurde durch die zweite Verordnung zur Änderung der SARS-COV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) begründet. Die Pflichten nach der Corona-ArbSchV wurden vorläufig bis zum 30. Juni 2021 verlängert.
Arbeitgeber sind gemäß § 5 Corona-ArbSchV verpflichtet, allen Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Corona-Schnelltest zu ermöglichen. Infolge einer Anpassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung werden Arbeitgeber nunmehr verpflichtet, mindestens zweimal pro Woche Tests anzubieten. Mit der ergänzten Verordnung sind Arbeitgeber damit verpflichtet, in ihren Betrieben allen Mitarbeitern, die nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, regelmäßig Selbst- oder Schnelltests anzubieten, grundsätzlich mindestens zweimal pro Woche. Die ursprünglich vorgesehene Regelung, dass nur besonders gefährdete Arbeitnehmer (in Gemeinschaftsunterkünften, bei Arbeit in geschlossenen Räumen, bei personennahen Dienstleistungen mit direktem Körperkontakt, bei Tätigkeiten mit Personen, die keinen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, bei betriebsbedingt häufig wechselnden Kontakten mit anderen Personen) mindestens zweimal pro Kalenderwoche ein Testangebot erhalten müssen, ist hinfällig geworden. Mit der Neuregelung entfällt der bisherige § 5 Abs. 2 Corona-ArbSchV und damit auch die Pflicht, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, welchen Beschäftigten tätigkeitsbedingt ein zweimaliges Testangebot pro Woche unterbreitet werden muss. Es gilt für alle Beschäftigten das zweimalige Testangebot pro Kalenderwoche, unabhängig von der Tätigkeit der Beschäftigten.
Dazu können PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur Profianwendung oder auch zur Eigenanwendung angeboten werden. Es handelt sich nicht um eine Testpflicht für Arbeitnehmer. Auch sieht die Corona-ArbSchV keine Pflicht zur Dokumentation der Testergebnisse vor. Wenn der Arbeitgeber die Zurverfügungstellung von Schnelltests wählt, ergeben sich hieraus unter Umständen Probleme bei der Erfüllung der Folgeverpflichtung bei einem positiven Selbsttestergebnis. Will der Arbeitgeber eine Sicherstellung des Testangebotes durch Zurverfügungstellung einer Testung durch professionelle Dienstleister, so hat dies für den Arbeitgeber unter Umständen den Vorteil eines wirkungsvollen betrieblichen Infektionsschutzes und den Zugang zu Bescheinigungen über die Testergebnisse für Arbeitnehmer. Die Corona-ArbSchV regelt nicht im Detail die Umsetzung der Testpflicht für den Arbeitgeber, weshalb es für Arbeitgeber unter Umständen auch gut vertretbar ist, die Testung nicht selbst anzubieten, sondern den Arbeitnehmer einmal wöchentlich während der Arbeitszeit die Möglichkeit einzuräumen, in einer zentralen Teststation einen Test machen zu lassen (PCR-Test oder Antigen-Schnelltest).
Welche Informationspflichten hat der Arbeitgeber?
Die Corona-ArbSchV beinhaltet keine konkreten Bestimmungen zur Information der Arbeitnehmer über die angebotenen Tests. Der Arbeitgeber sollte jedoch unbedingt darauf achten, alle Arbeitnehmer über die Umsetzung der Testpflicht in dokumentierter Art und Weise zu informieren, dies gegebenenfalls über Rundmails, Aushänge, etc. Zwar besteht keine Verpflichtung für Arbeitgeber, von allen Arbeitnehmern eine Bestätigung einzuholen, dass diese über die Tests informiert wurden. Die Information an die Arbeitnehmer soll jedoch im Minimum eine Erklärung enthalten, wie Arbeitnehmer sich testen lassen können. Empfehlenswert ist darüber hinaus eine Aufklärung an die Arbeitnehmer dahingehend, dass die Folgen eines positiven Testergebnisses eine Verpflichtung begründen, einen PCR-Test zu machen und sich je nach den geltenden Landesverordnungen bis zum Vorliegen von Ergebnissen in häusliche Absonderung / Quarantäne zu begeben. Der Arbeitgeber sollte darauf hinweisen, dass Arbeitnehmer zur Information des Arbeitgebers verpflichtet sind und dass Verstöße die Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten darstellen, welche mit Maßnahmen (z.B. Abmahnungen, Kündigung) geahndet werden können.
Welche Dokumentationspflichten treffen den Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber muss die Beschaffung von Corona-Tests bzw. bei Einschaltung professioneller Dienstleister Vereinbarungen über Testungen nachweisen. Entsprechende Belege sind gemäß § 5 Corona-ArbSchV 4 Wochen lang aufzubewahren.
Auch Nachweise / Dokumente über die Information der Arbeitnehmer über die Umsetzung der Testpflicht sollten angefertigt werden.
Eine weitergehende Dokumentation von Testergebnissen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen problematisch. Für den erforderlichen Nachweis zur Dokumentationspflicht gegenüber den Arbeitsschutzbehörden ist es ausreichend, wenn Arbeitgeber eine ohne personenbezogene Daten der Arbeitnehmer geführte Liste über die Anzahl der insgesamt herausgegebenen Tests vorhält.
Die Daten zu Testergebnissen stellen Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO dar, deren Verarbeitung grundsätzlich nicht gestattet ist. Eine Verarbeitung derartiger besonderer Kategorien personenbezogener Daten in Form von Gesundheitsdaten ist nach Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur zulässig, wenn diese Gesundheitsdaten zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich wären und keine schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung entgegenstehen. Wenn arbeitgeberseits zur Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nach der Corona-ArbSchV die Verarbeitung derartiger Daten erforderlich ist, so wäre dies gegebenenfalls von der DSGVO gedeckt, wobei in jedem Falle entsprechende Daten gemäß der Pflicht zur Löschung der DSGVO zu löschen sind, wenn deren Verarbeitung nicht mehr erforderlich ist.
Die Durchführung der Testung
Hier gelten nach der Corona-Arbeitsschutzverordnung „betriebliche Regelungen“, weshalb davon auszugehen ist, dass der für die Testung in Anspruch genommene Zeitraum keine Arbeitszeit ist, es sei denn, Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einvernehmlich eine Durchführung der Testung während der Arbeitszeit. Die Kosten für die Bereitstellung von Selbsttests bzw. die Zurverfügungstellung einer Testung durch professionelle Dienstleister sind grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragen. Eine Erstattung erfolgt in der Regel nicht.
Verhalten im Falle eines positiven Testergebnisses
Die Verhaltensregelungen für den Arbeitgeber im Falle eines positiven Testergebnisses eines Arbeitnehmers sind anhand der jeweils gültigen Landesverordnungen bestimmt und zu beachten. Diese können vom Arbeitgeber nicht selbstständig vorgegeben werden. In der Regel haben sich positiv getestete Personen, soweit noch nicht geschehen, unverzüglich einem PCR-Test zu unterziehen und sich bis zum Vorliegen des PCR-Testergebnisses abzusondern, wenn nicht sogar sich in häusliche Quarantäne zu begeben. Der positiv getestete Arbeitnehmer hat gemäß der einschlägigen Landesverordnung Informationspflichten, z.B. dahingehend, alle Personen zu unterrichten, zu denen in den letzten Tagen vor Durchführung des PCR-Tests enger persönlicher Kontakt bestand.
Da an einem positiven Selbst-Schnelltest hoheitliche Folgen geknüpft sind, haben Arbeitnehmer die arbeitsvertragliche Nebenpflicht,
– den Arbeitgeber von einem positiven Schnelltest unverzüglich zu informieren,
– dem Arbeitgeberbetrieb vorläufig fernzubleiben,
– einen daran anknüpfenden PCR-Test durchführen zu lassen,
– Absonderungs-/Quarantänepflichten zu beachten.
Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist mit einem positiven Testergebnis nicht verbunden. Auch der an Corona erkrankte Arbeitnehmer ohne krankheitsspezifische Symptome, welcher im Home-Office arbeitet oder arbeiten kann, ist nicht zwingend arbeitsunfähig.
Sanktionen
Bei Verstößen des Arbeitgebers gegen vorstehende Pflichten sind in der aktuell geltenden Corona-ArbSchV weiterhin keine unmittelbaren Sanktionen (z.B. Bußgelder, etc.) geregelt. Lediglich soweit sich die zuständigen Arbeitsschutzbehörden einschalten, z.B. auf Veranlassung von Beschäftigten, kann die Umsetzung der arbeitgeberseitigen betrieblichen Pflichten und Maßnahmen überprüft werden und bei Nichteinhaltung unter Umständen bußgeldbewehrte Auflagen erteilt werden.
Für Arbeitnehmer kommt ein Leistungsverweigerungsrecht in Betracht, soweit arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen vom Arbeitgeber nicht umgesetzt werden, mit der Folge, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung bis zur Realisierung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen durch den Arbeitgeber verweigern können und dabei ihren Vergütungsanspruch behalten.
Auch kommen theoretisch Schadenersatzansprüche von Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber in Betracht, wenn diese eine Infektion innerhalb des Betriebes erfahren, weil der Arbeitgeber seiner Testangebotspflicht nicht nachgekommen ist (wohlgemerkt bei erheblichen Beweisschwierigkeiten zu Lasten des Arbeitnehmers).
Können Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Corona-Testung anhalten?
Eine Testpflicht des Arbeitnehmers ist der Corona-ArbSchV nicht zu entnehmen. Allerdings ist der Arbeitnehmer im Rahmen seiner allgemeinen Treuepflicht als arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gehalten. Ähnlich wie bei Eignungsuntersuchungen – wobei das Bundesarbeitsgericht eine Pflicht zur Duldung einer Eignungsuntersuchung unter strengen Voraussetzungen vorsieht – kann aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers in bestimmten Ausnahmefällen eine Verpflichtung zur Durchführung eines Corona-Schnelltests bestehen. Dies sind Fälle, in denen beim betroffenen Arbeitnehmer bereits coronaspezifische Symptome bestehen, welche eine Eignung für die Ausführung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit wegen der weiteren Infektionsgefahr beeinträchtigt.
Zwar kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts Weisungen an die Belegschaft zur Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung treffen. Sein Entscheidungsspielraum / Ermessensspielraum ist jedoch wesentlich dadurch eingeschränkt, dass er die wesentlichen Einzelfallumstände abzuwägen und die beiderseitigen Interessen (seine eigenen als Arbeitgeber sowie auch die Interessen des Arbeitnehmers) angemessen zu berücksichtigen hat. Während sich sein Arbeitgeberinteresse auf den Schutz seiner Belegschaft sowie Dritter bezieht und sein Interesse der Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile aufgrund von Infektionen im Betrieb, steht das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dem entgegen. (Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers ist bei der Anordnung eines Corona-Schnelltests in der Regel nicht betroffen, da gemäß der bereits entwickelten Rechtsprechung mit einem Abstrich der Körper lediglich berührt und dessen Substanz nicht beeinträchtigt wird.) Sofern der Arbeitgeber demnach die Weisung einer Testpflicht an seine Belegschaft plant, sollte in jedem Falle im Detail geprüft werden, wie hoch das eigene Interesse an einer Vermeidung der Verbreitung des Covid-19-Virus im Betrieb ist und welche Folgen damit für den Arbeitgeber verbunden wären (Kontakte des betroffenen Arbeitnehmers mit anderen Beschäftigten, Differenzierung nach Betriebsteilen und Mitarbeitergruppen, Folgen einer möglichen Infektion / Arbeitsausfall aller Kontaktpersonen, prognostizierte Möglichkeit eines größeren Ausbruchs bis hin zur Betriebsstilllegung, realistische wirtschaftliche Folgen). Erforderlich ist hier eine genaue Analyse und eine vom Arbeitgeber zu dokumentierende Interessenabwägung, da eine arbeitgeberseitige Weisung eines Corona-Schnelltests gegenüber einem Mitarbeiter einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung nur standhalten wird, wenn dem Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers ohne Schnelltest auf das Corona-Virus unzumutbar wäre. Dies hätte ein Arbeitgeber im Streitfall zu beweisen.
Die Anweisung einer Testpflicht kann im Falle des Vorhandenseins eines Betriebsrats auch Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Der Betriebsrat hat bei Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ein zu beachtendes Mitbestimmungsrecht.
Sollte es dem Arbeitgeber gelingen, wirksam einen Arbeitnehmer zur Durchführung eines Corona-Schnelltests anzuweisen und dieser Arbeitnehmer pflichtwidrig als Testunwilliger / Testverweigerer dem nicht nachkommen, wäre darin grundsätzlich ein arbeitsvertragswidriges / pflichtwidriges Verhalten zu sehen. Arbeitsrechtliche Maßnahmen z. B. im Sinne einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung setzen jedoch in der Regel den Versuch milderer Mittel voraus. Dem testunwilligen Arbeitnehmer sollte zunächst der Zugang zu seinem Arbeitsplatz verwehrt werden, da er seine Arbeitsleistung ohne gültigen Corona-Test nicht ordnungsgemäß anbietet, er damit seiner Arbeitstätigkeit nicht nachgeht und in der Folge auch keinen Vergütungsanspruch hätte.
Soweit Sie fachkundige Beratung zu diesen Themen benötigen, können Sie per E-Mail unter info@dr-schneiderbanger.de sowie per Telefon unter 09281 7155-0 jederzeit gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
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