Viele Unternehmen unterschätzen die Probleme, die sich aus der Einführung des flächendeckenden Mindestlohns ab 2015 ergeben. Denn auch wer beispielsweise nur geringfügig Beschäftigte oder Minijobber für sich arbeiten lässt, muss die neuen Regelungen sehr genau prüfen und die Verträge gegebenenfalls anpassen.
Spätestens bei der nächsten Sozialversicherungsprüfung könnten Fehler katastrophale Folgen haben. Denn der Prüfer wird die Beitragsgrundlage nicht danach bewerten, was ein Arbeitnehmer tatsächlich bekommt, sondern danach, was er beanspruchen kann, also mindestens 8,50 €.
Hier drohen hohe Nachzahlungsrisiken!
Bestenfalls müssen Ihre Mandanten nur geringe Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachzahlen. Wenn aber ein Mini-Jobber durch den Mindestlohn unbemerkt in die Sozialversicherung rutscht, dann kann es sehr schnell sehr teuer werden.
Schlimmer noch: Unternehmer haften sogar für die Mindestlohnverpflichtungen von Subunternehmern. Und zwar unabhängig davon, ob ihnen etwaige Mindestlohnverstöße bekannt sind.
Bezahlt ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter untertariflich, so ist trotzdem für die Sozialversicherung der Tariflohn maßgeblich. Wer also zu wenig für einen Minijob bezahlt, muss dennoch die tarifliche Sozialversicherung zahlen.
Eine Baufirma hatte einen Aushilfsarbeiter von 1997 bis 1999 mit einem Minijob beschäftigt. Als Lohn waren insgesamt 620 DM bei einem Stundenlohn von ca. 14 DM gezahlt worden. Nach der damaligen Regelungen der 630-DM-Grenze für den Minijob musste die Firma keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Nach einer Betriebsprüfung forderte die Bundesversicherungsanstalt dennoch eine Nachzahlung von über 4.000 DM an Sozialversicherungsbeiträgen.
Das Bundessozialgericht entschied wie folgt: Die Beschäftigung des Aushilfsarbeiters im Minijob sei versicherungspflichtig gewesen. Der tarifliche Mindestlohn betrug nämlich mehr als 16 DM, so dass die Geringfügigkeitsgrenze für den Minijob überschritten war. Dieser Pflicht habe sich der Arbeitgeber nicht durch Zahlung eines niedrigeren Stundenlohns entziehen können. Es kommt nicht darauf an, wie viel der Arbeitgeber zahlt. Die Sozialversicherungsbeiträge richten sich danach, welches Entgelt tarifvertraglich geschuldet wird. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14.07.2004, Az: B 12 KR 1/04 R
Die Folge:
Diese Entscheidung gilt auch heute für den Minijob bis 450 Euro. Dieser ist nicht sozialversicherungfrei, wenn Sie unter der 450-Euro-Grenze bleiben, weil Sie den Arbeitnehmer untertariflich für den Minijob bezahlen.
- Haben Sie unbemerkt Entgeltgrenzen überschritten, müssen Sie mit Beitragsnachforderungen rechnen.
- Verjährung tritt erst mit Ablauf des 4. Jahres nach Entstehung der Beitragsforderung ein.
- Als Arbeitgeber müssen Sie die Rechtsprechung des BSG kennen. Sie müssen daher aufpassen, dass Ihnen nicht sogar Vorsatz vorgeworfen wird, mit allen evtl. strafrechtlichen Konsequenzen (Sozialversicherungsbetrug).
- Bei Vorsatz verjährt die Nachforderung erst in 30 Jahren.