Einrichtungsbezogene Impfpflicht: erste arbeitsgerichtliche Entscheidungen

Ab dem 16. März 2022 gilt die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“. Wir haben hierüber im Detail in unserem Blogartikel vom 7. März 2022 berichtet.

Nunmehr sind die Arbeitsgerichte erstmals damit beschäftigt worden und haben die ersten Entscheidungen getroffen, welche aus der Warte eines Arbeitgebers durchaus zu begrüßen sind.

Das Arbeitsgericht Lübeck (Az. 5 Ca 189/22) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die durch eine Krankenschwester aus dem Internet heruntergeladene Bescheinigung über eine vorläufige Impfunfähigkeit Wirkung entfaltet, welche zwar mit der Unterschrift eines Arztes versehen war, jedoch ohne eine vorhergehende Besprechung oder gar Untersuchung ausgestellt wurde. Die beklagte Klinik hatte pflichtgemäß die Gesundheitsbehörden unterrichtet und der Krankenschwester außerordentlich und hilfsweise ordentlich das Arbeitsverhältnis gekündigt. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Lübeck hatte die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung, wegen einer schweren Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht Bestand. Die Bescheinigung genügte nicht den Anforderungen. Eine Abmahnung war nicht erforderlich. Das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit sei endgültig zerstört gewesen. Allerdings war aufgrund einer langen Betriebszugehörigkeit der Krankenschwester die außerordentliche Kündigung nicht bestätigt worden.

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums in seinen FAQs zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird auf die aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zur Masern-Impfpflicht verwiesen. Hiernach hat das ärztliche Zeugnis mindestens Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation zu enthalten, sodass die Gesundheitsbehörden in die Lage versetzt werden, das ärztliche Zeugnis konkret auf seine Plausibilität zu überprüfen. Nicht erforderlich sei die Angabe eines konkreten medizinischen Grundes.

Grundsätzlich stellt sich die Frage einer Pflicht des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitnehmers, der entgegen § 20a IfSG weder geimpft noch genesen noch seiner Pflicht zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises nachkommt.

In seiner Entscheidung führt das Arbeitsgericht Gießen (Az. 5 Ca 1/22 und 5 Ca 2/22) aus, dass hier im Rahmen einer Interessenabwägung das Gesundheitsschutzinteresse der Bewohner / Patienten, z. B. eines Krankenhauses oder eines Pflegeheimes, das Interesse des nicht geimpften oder genesenen Arbeitnehmers an der Ausübung seiner Tätigkeit überwiegt. § 20a IfSG sieht ein Beschäftigungsverbot ab dem 16. März 2022 nur für neu eingestellte Personen vor. Ausgeschlossen ist jedoch nicht, dass Arbeitgeber auch bereits beschäftigte Arbeitnehmer freistellen dürfen, die weder geimpft noch genesen sind noch ihrer Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nachkommen.

In der Freistellungsphase gilt in Bezug auf den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Der Arbeitgeber schuldet auch nicht Annahmeverzugslohn, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht vertragsgemäß anbietet, weil er entgegen der einrichtungsbezogenen Impfplicht weder geimpft noch genesen ist noch ein hinreichendes ärztliches Zeugnis über seine Impfunfähigkeit vorlegt.

Soweit Sie fachkundige Beratung zu diesen Themen benötigen, können Sie per E-Mail unter info@dr-schneiderbanger.de sowie per Telefon unter 09281 71550 und 0961 470350 jederzeit gerne mit uns Kontakt aufnehmen.

 


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