Sozialversicherung – Geschäftsführer im Fokus der Behörden

    Eine neue Welle von Sozialversicherungsbeitragnachforderungen erfasst deutsche Unternehmer

Im Rahmen einer Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts wurden im Juli 2021 für den Personenkreis der mitarbeitenden Gesellschafter einer GmbH & Co. KG grundlegende Entscheidungen über den Sozialversicherungsstatus getroffen. Die Entscheidungen des 12. Senats des Bundessozialgerichtshofes betrafen den Personenkreis mitarbeitender Kommanditisten in deren unterschiedlichsten Funktionen im Unternehmenskonstrukt der GmbH & Co. KG.

Dadurch wurde die langjährige Rechtsprechung des BSG zur Statusbeurteilung von Geschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern der GmbH grundlegend fortentwickelt. Die früher geltende “Kopf und Seele – Rechtsprechung”, wonach sich der Sozialversicherungsstatus eines Geschäftsführers maßgeblich danach bestimmte, ob er die Geschicke seines Betriebes maßgeblich lenken und bestimmen konnte und in der Ausführung seiner Tätigkeiten keinerlei Weisungen unterlegen ist, ist Vergangenheit.

Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für die Statusbeurteilung von Geschäftsführern nun ein vollkommenes Umdenken erforderlich. Aufgrund der Tragweite der neuen BSG-Entscheidungen müssen Fremdgeschäftsführer und Minderheitengesellschafter-Geschäftsführer anlässlich ihrer sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung zum eigenen Schutz vor massiven Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung umdenken. Nahezu alle Unternehmensformen der GmbH & Co. KG sind betroffen.

Seit dem 1. Januar 2021 findet eine flächendeckende Überprüfung des Sozialversicherungsstatus aller nicht- sozialversicherten Fremd- oder Minderheitengesellschafter-Geschäftsführer statt.

Die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ist verpflichtet, jeden Einzelfall zum sozialversicherungsrechtlichen Status eines Geschäftsführers zu prüfen, weshalb nicht mehr nur stichprobenartig, sondern flächendeckend allen Fremdgeschäftsführern und Minderheitengesellschaftengeschäftsführern eine Sozialversicherungsprüfung droht.

Schwerpunkt der Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung wird der Personenkreis der Fremdgeschäftsführer und Minderheitengesellschaftergeschäftsführer der GmbH & Co. KG sein. Ab 1. Januar 2021 werden bei jeder turnusmäßigen Betriebsprüfung Verwaltungsakte zum sozialversicherungsrechtlichen Status dieses Personenkreises erlassen. Der sozialversicherungsrechtliche Status von Ehegatten, Lebenspartnern, Abkömmlingen des Arbeitgebers sowie Geschäftsführenden GmbH-Gesellschaftern, die im Betrieb tätig und nicht als Beschäftigte gemeldet sind, werden weiterhin im Rahmen von Betriebsprüfungen regelmäßig festgestellt und Verwaltungsakte zum Bestehen/Nichtbestehen von Versicherungspflicht erlassen, außer es liegen bereits entsprechende Feststellungsbescheide eines Versicherungsträgers vor. Dies hat die Deutsche Rentenversicherung über ihr Veröffentlichungsorgan, die Leiter der Abrechnungsstellen und Arbeitgeber, bekannt gegeben.

    Prüfungsmaßstab: Grundsatz ist die Sozialversicherungspflicht

Der Grundsatz ist die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers.

Die Ausnahme der Sozialversicherungsfreiheit muss gegenüber den Behörden bewiesen werden.
Dazu erteilt das BSG der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung weitreichende Prüfungskriterien. Durch die neue Rechtsprechung hat die Statusbeurteilung eine erhebliche Ausweitung in den Entscheidungsformen der GmbH & Co. KG und dem betroffenen Personenkreis der Fremdgeschäftsführer und Minderheitengesellschafter erfahren.
Maßgeblich für die Frage, ob Sozialversicherungspflicht/Selbstständigkeit besteht oder nicht, ist die sogenannte Rechtsmachtfrage. Mittelpunkt der Prüfung ist nunmehr die Rechtsmacht des betroffenen Fremd- oder Minderheitengesellschafter-Geschäftsführers unter Einbeziehung der Verhältnisse bei der Muttergesellschaft und allen Tochtergesellschaften.
Zum Beispiel ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG nur dann selbstständig tätig, wenn er über die Rechtsmacht verfügt, selbstständig Weisungen an sich als Geschäftsführer oder mitarbeitender Gesellschafter zu verhindern. Diese Rechtsmacht kann sich sowohl aus seiner Stellung als Kommanditist bei der GmbH & Co. KG, als auch aus der beherrschenden Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft ergeben, die ihrerseits als Gesellschafterin der GmbH & Co. KG (Holding) in der Lage ist, deren Entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen. Ist der betroffene Geschäftsführer nicht in der Lage, Weisungen an sich als Geschäftsführer oder mitarbeitenden Gesellschafter zu verhindern und dies zu beweisen, gilt Sozialversicherungspflicht. Die Konsequenz ist, abhängig vom Verschuldensmaßstab, die Erhebung von Beitragsnachforderungen und Säumniszuschlägen.

Sofern Sie im betroffenen Personenkreis kein entsprechendes Problembewusstsein entwickeln, wird dies in Zukunft aller Voraussicht nach sehr teuer werden und schwerwiegende haftungsrechtliche Probleme auslösen. Wer Zweifel am versicherungsrechtlichen Status hat, die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen als Geschäftsführer zumindest für möglich hält und dennoch keine geeigneten Maßnahmen (Statusfeststellungsantrag, Antragsverfahren bei der Einzugsstelle o.a.) ergreift, dem wird bedingter Vorsatz hinsichtlich der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen unterstellt werden. Die Folgen sind weitreichend. In diesem Fall werden nicht nur Säumniszuschläge in Höhe von 1 % pro angefangenen Kalendermonat der Säumnis ausgelöst, sondern der Nachforderungszeitraum mit einer dann geltenden 30-jährigen Verjährungsfrist massiv ausgeweitet. Dies kann und wird in vielen Einzelfällen bis hin zur Existenzgefährdung führen.
Zweifel beim sozialversicherungsrechtlichen Status von Fremdgschäftsführern und Minderheitengesellschafter-Geschäftsführern müssen bei der Einzugsstelle oder der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung geklärt werden. Wer hier den Kopf in den Sand steckt, wird sich empfindlichen Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung gegenübersehen.

Wer Versicherungs- und/oder Beitragsfreiheit in Anspruch nehmen möchte, der hat dies nachzuweisen.

Soweit Sie fachkundige Beratung zu diesen Themen benötigen, können Sie per E-Mail unter info@dr-schneiderbanger.de sowie per Telefon unter 09281 71550 und 0961 470350 jederzeit gerne mit uns Kontakt aufnehmen.

 


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